Die Bäckerin von Rattenberg - Fortsetzung
Die Bäckerin war darüber sehr erfreut, nahm ihn auf und gewährte ihm besonders vorteilhafte Bedingungen. Nur eine Anordnung hatte der junge Bursche genau zu befolgen: „Du darfst nur bis acht Uhr aufbleiben und hast dich dann eiligst ins Bette zu legen.“
Der Geselle versprach es, was ihn hinterher wurmte, weshalb er beschloss, den Versuch zu wagen, länger wach zu bleiben. Er legte sich daher eines Abends auf die Ofenbank und, als würde er schlafen. Punkt acht Uhr betrat die Witwe mit ihrer Tochter die Stube, und die Tochter meinte sogleich: „Heut können wir nicht fahren, hier liegt ja ein Mensch!“ Die Mutter aber winkte ab: „Er schläft ja!“ sagte sie, nahm einen Salbentiegel aus der Tasche und schmierte sich und der Tochter verschiedene Zeichen auf die Stirn; dabei flüsterte sie geheimnisvoll: „Oben hinaus und nirgends an.“ Und plötzlich, du glaubst es nicht, waren beide verschwunden, nur der Tiegel mit der Salbe stand noch auf dem Stubentisch.
Nun sprang der Geselle von der Ofenbank, der sich alles bis auf die letzten Worte gemerkt hatte, öffnete den Tiegel, schnüffelte an der Salbe und zeichnete sich mit ihr die nämlichen Zeichen auf die Stirn. Dann sagte er laut und deutlich: „Oben hinaus und überall an!“ Da hob es ihn wie erwartet in die Höhe, und während er einmal links und dann wieder gegen die rechte Wand geschleudert wurde – er hatte den Zauberspruch nicht richtig gesagt -, fuhr er durch das Zimmer und beim Kamin hinaus ins Freie.
Weiter ging es über Berg und Tal und durch die Lüfte auf eine Bergkuppe, auf der an einer schwarzen Tafel alle Hexenmeister und Hexen der Erde saßen. Obenan hatte der Teufel auf einem Thron Platz genommen und führte von dort aus den Vorsitz. Als der junge Bursche mit Karacho neben einer Hexe auf die Sitzbank fiel, wunderte sich die ganze Versammlung, wie der Menschenwurm den Weg hierher gefunden habe. Der Teufe aber wollte den ungebetenen Gast sofort in Stücke reißen, ließ sich vom Gejammer der jungen Hexen aber erweichen und meinte gnädig: „Nun, so will ich diesmal eine Ausnahme machen.“ Dem Bäckergesellen jedoch drohte er: „Hüte dich, noch einmal hier aufzukreuzen. Da rettet dich kein Bitten und Betteln mehr!“
Auf des Teufels Befehl sauste ein riesiges Schwein durch die Lüfte herbei, auf dessen Buckel der Bursche rücklings gesetzt wurde. Man drückte ihm das Ringelschwänzlein als Zügel in die Hand, verbot ihm, während des Fluges zu sprechen, und gab dem Schwein zum Zeichen des Startes einen Schlag auf den Schinken.
Nun ging es sausend und brausend durch die Luft. Sie kamen schließlich an einen Ozean an, den das Schwein mit einem Satze übersprang. Es war ein gewaltiger Sprung, und der Bursche auf dem Rücken der rasenden Sau rief plötzlich aus: „O Jesus, das ist ein Hupf!“
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als er auf den Boden niedergeworfen wurde und sich noch freuen musste, dass er außer einigen Rippen nichts gebrochen hatte. Den Rest des Weges musste er zu Fuß bewältigen. In Rattenberg angekommen, packte er seine Sachen und verließ das Haus der backenden Hexe.