Das Wunder Sauerteig und seine Anwendungsbereiche
Der Sauerteig ist das älteste bekannte Mittel zur Säuerung und Lockerung von Brotteigen. In einem gärenden Sauerteig leben viele Millionen von Kleinlebewesen. Diese ernähren sich von den Nährstoffen des Mehls. Dabei wandeln bestimmte Bakterien- und Hefekulturen einen Teil des Mehlzuckers in Säuren um, und verbessern dadurch die Backfähigkeit bzw. den Geschmack und das Aroma des Roggenteiges bzw. Roggenbrotes. Daher haben Roggen- und Roggenmischbrote einen viel kräftigeren Geschmack und ein viel intensiveres Aroma als Weizenbrote. Daneben laufen noch verschiedene andere chemische Prozesse ab, bei denen Alkohol und CO2 entstehen. Die Kunst der Sauerteigherstellung besteht nun darin, durch bestimmte Temperaturen und Teigkonsistenzen die gewünschten chemischen Prozesse zu aktivieren.
Nachdem im Alpenraum aufgrund der klimatischen Bedingungen hauptsächlich Roggen als Brotgetreide angebaut wurde, kam dem Sauerteig eine enorme Bedeutung zu. Backen mit Sauerteig bedeutet im Normalfall, dass Roggen- bzw. Roggenmischbrot gebacken wird. Die schlechte Backfähigkeit des Roggenmehls erfordert die Zugabe von Sauerteig oder von Backmitteln, die im Prinzip dieselbe Funktion haben. Es würde im Rahmen dieses Büchleins zu weit führen, wenn auf die Details der schlechten Backfähigkeit von Roggenmehlen im Detail eingegangen werden würde. Trotzdem soll versucht werden auch für einen Laien eine einfache und verständliche Erklärung zu finden, um das Backen von Roggen- und Roggenmischbrot mit Sauerteig besser zu verstehen: Das Roggenmehl hat gegenüber dem Weizenmehl den Nachteil, dass es einen sehr hohen Anteil an Enzymen aufweist, die am Beginn des Backprozesses und während eines ganz bestimmten Temperaturbereiches aktiv werden können. Diese Enzyme sind allerdings sehr säureempfindlich. Mit einem Sauerteig kann das notwendige saure Milieu erreicht werden, damit die Enzyme nicht die im Teig reichlich vorhandene Stärke (Kohlenhydrat) abbauen. Ansonsten würden ungesäuerte Roggen- bzw. Roggenmischbrote eine nasse bzw. glitschige Krume nach dem Backen haben.
Es gibt 2 Möglichkeiten, wie bei der Rezeptangabe Sauerteig angeben wird. Entweder wird Trockensauer oder es wird eine fertige Sauerteigmenge angegeben, die vorher über einen längeren Zeitraum gezüchtet werden muss. Allerdings benötigen Sie beim ersten Mal einen Sauerteigansatz (Anstellgut) oder es wird ein Sauerteig spontan gezüchtet, wobei abschließend ein Teil des reifen Sauers (1/3) weggenommen und im Kühlschrank (max. 2 Wochen) aufbewahrt oder eingefroren (unbegrenzt haltbar) wird. Dieser kann dann wieder als Anstellgut verwendet werden. Allerdings muss bei der Herstellung von Sauerteig unbedingt darauf geachtet werden, dass über einen längeren Zeitraum ein bestimmter Temperaturbereich gewährleistet ist, ansonsten kann es passieren, dass sich unerwünschte Bakterienstämme entwickeln können.
Tipps und Rezepte zum Sauerteig:
- 100g fertiger Sauerteig entspricht einem gehäuften Esslöffel Trockensauer (ca. 30g)
- Trockensauer und Flüssigsauer (Anstellgut) sind im Handel und über Internet erhältlich
- Trockensauer ist nach der herkömmlichen Methode, als Bio-Produkt und aus Roggenvollkorn erhältlich.
- Trockensauer ist einfach und sicher zu handhaben und lange haltbar.
- Sauerteig selbst hergestellt ist zeitaufwendig und unsicher, wenn nicht ein bestimmter Temperaturbereich gewährleistet ist.
Sauerteigrezept 1
200g Anstellsauer (Reformhaus), ¼ l Wasser ca. 30oC, 250 g Roggenmehl R960 Zubereitung: Die o. a. Zutaten gut mit einem Mixer vermischen und dann ca. 16 Stunden an einem warmen Platz (Temperaturbereich 27 – 30oC) stellen. Vom fertigen Sauerteig 200g entnehmen und diesen Teig in ein Gefäß mit Deckel geben und im Kühlschrank (Haltbarkeit ca. 10 Tage) oder im Gefrierfach aufbewahren. Dieser Teig dient bei der nächsten Sauerteigherstellung als Anstellgut.
Sauerteigrezept 2
¼ l Wasser (lauwarm), Roggenmehl (R1370/R960), 2 EL Sauer- oder Buttermilch, 1 TL Kümmel (gemahlen)
Zubereitung: Nehmen Sie einen Steintopf und geben Sie die Hälfte des lauwarmen Wassers hinein. So viel Roggenmehl (ca. in die Flüssigkeit rühren, dass ein sämiger Brei entsteht. Zum Schluss 2 EL Sauer- oder Buttermilch und den gemahlenen Kümmel unterrühren. Legen Sie eine Scheibe Pergamentpapier direkt auf den Teig und decken Sie den Topf mit einem Küchentuch gut zu. Abschließend den Teig über 3 Tage bei einem Temperaturbereich von ca. 30 bis 35oC reifen lassen. Am 4. Tag das Pergamentpapier entfernen, restliches Wasser (lauwarm) und 150 g Roggenmehl mit dem Sauerteig gut verrühren; Teig abdecken und über Nacht bei 30 bis 35oC stehen lassen. Am nächsten Tag ist der Sauerteig fertig